Geschichte der Sexualität
Schon seit jeher wird vorgeschrieben, was erlaubt und was verboten ist. Auch in der Sexualität! Und wer war es nun, der die meisten Verbote aufstellte?
Früher wurde die Sexualität von der Kirche eingeschränkt, heute wird sie vom Intimate-Medicine-Team empfohlen. (jlp)
Sexualität ist kulturbedingt
Die Sexualität ist keine Bewegung, die sich frei entwickeln könnte. Vielleicht hat der Mensch dieses Gefühl, aber alles auf der Welt hat seine Geschichte, dessen Teil auch der Mensch selbst ist. Durch die Zeit entwickelten sich erlaubte/zulässige Arten der Sexualität, die im Gegensatz zu den verbotenen/abweichenden stehen, die in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich definiert werden, jedoch „die Gemeinsamkeit haben, dass die Grenzen zwischen dem Erlaubten und dem Verbotenen für Männer und Frauen nicht gleich sind“, erklärt Bozon.
Sexualität in der Antike
In der griechischen und römischen Antike durfte eine freie Frau ihre Sexualität nur begrenzt ausleben, und zwar nur für die Zwecke der Reproduktion innerhalb der ehelichen Gemeinschaft, während erwachsenen Männern für die Entfaltung ihrer sexuellen Fantasien viel mehr Freiraum zur Verfügung stand, lediglich mit der Einschränkung, ihren gesellschaftlichen Status nicht zu gefährden. Dem Mann war es zum Beispiel untersagt, ein sexuelles Verhältnis mit einem anderen erwachsenen Bürger einzugehen (es durften aber ein Sklave oder eine andere Frau sein). Zudem waren Sexualpraktiken verboten, bei jenen ein freier Mann die passive Rolle – die Rolle der Frau demnach – übernimmt.
Die weibliche Sexualität wurde früher nicht so locker angesehen wie heute. (jlp)
Wie beeinflusste das Christentum die Sexualität
Das westliche Christentum begründete mit einer restriktiven Sexualethik die sexuellen Aktivitäten ihrer Gläubigen neu. Eine grundlegende Neuerung bei der Auffassung von Sexualität war die strenge gesellschaftliche und ideologische Kontrolle der Sexualpraktiken der Gläubigen, die von nun an lediglich im Rahmen absoluter und für alle heiliger Prinzipien ausgeübt werden durfte. Das Christentum brachte in der ersten Phase der Begründung der Sexualität die Fleischeslust mit der Sünde in Verbindung und verurteilte die Unzucht, die Lüsternheit und Lotterigkeit.
Sexualität muss unterdrückt werden
Die Unterdrückung der Lustgefühle, von der Augustinertexte aus dem 5. Jahrhundert berichten, beschränkte die Sexualität auf die Reproduktion. Auf dieser Grundlage entwickelte sich vom 12. und 13. Jahrhundert an ein neues Modell in der christlichen Sexualethik: die monogame und unzertrennliche christliche Hochzeit. So wurde die Hochzeit zum größten Opfer der neuen christlichen Sexualethik: Obwohl die Sexualität in der Ehe als das kleinste Übel betrachtet wurde, trug es weiterhin das Vorzeichen der Sünde und der Lüsternheit, welche mit dem Geschlechtsakt einhergingen.
Das Christentum machte aus der Sexualität ein Tabuthema, über das nur die Priester reden durften. (jlp)
Zur Unterbindung der Verstöße in einer ehelichen Beziehung schrieben die kirchlichen Chorherren zahlreiche Verbote, die den Gläubigern über die Beichte vermittelt wurden. Auf diese Weise unterbanden die Priester den Ehebruch und schränkten gleichzeitig die Sexualität auf verheiratete Paare für die Zwecke der Fortpflanzung ein.
Wie sah das Verbot der Sexualität in der Praxis aus?
Der deutsche Priester Buchard de Worms führte im 11. Jahrhundert in seinem Dekret der „ehelichen Verstöße“ unter anderem folgende Sünden auf: Verstoß: Hast du den Geschlechtsakt mit deiner Frau oder einer anderen Frau von hinten verübt, wie ein Hund? Strafe: In diesem Fall wirst du mit zehn Tagen bei Wasser und Brot verharren müssen. Verstoß: Hast du den Geschlechtsakt mit deiner Frau in der Zeit ihrer Regel verübt? Strafe: In diesem Fall wirst du mit zehn Tagen bei Wasser und Brot verharren müssen. Verstoß: Hast du den Geschlechtsakt mit deiner Frau verübt, nachdem sie entbunden hat? Hast du den Geschlechtsakt mit deiner Frau am Tag des Herren verübt?
Im Durchschnitt durften die Gläubigen an 91 bis 93 Tagen des Jahres keinen Geschlechtsverkehr haben, hier eingeschlossen sind nicht die „unreinen“ Tage der Frau (Menstruation, Schwangerschaft), an denen sie auch keinen Sex haben durften. So blieben ihnen eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Sich an das strenge Verbot der Kirche zu halten oder bei der Beichte zu lügen. Was mag es wohl gewesen sein?
