Interview: „Die Sterilisation durfte mein Leben nicht zerstören!“

13.02.2012 | T. B.

Wir haben mit einer 26-jährigen Frau gesprochen, die sich mit 18 Jahren einer Sterilisation unterzog und deswegen nie Kinder haben wird.

 

 

Interview Sterilisation

Auch wegen der Sterilisation betrachte ich die Dinge nicht als selbstverständlich, ich genieße sie mehr und freue mich über sie. (PhotoXpress)

 

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Wir haben mit der 26 Jahre alten Nives über ihre Sterilisation gesprochen. Eine Sterilisation kann man aus persönlichen oder medizinischen Gründen machen lassen. In beiden Fällen hat ein solcher Eingriff psychische Folgen. Bei der herzkranken Nives wurde die Sterilisation schon vor acht Jahren durchgeführt.

Wie alt warst du, als bei dir die Sterilisation durchgeführt wurde?

Ich war fast 18 Jahre alt. Es war kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag.

Glaubst du, dass dein Alter bei der Sterilisation einen Einfluss darauf hatte, wie du das Geschehen aufgenommen und verarbeitet hast?

Aber natürlich. Zu der Zeit habe ich nicht darüber nachgedacht, wie sehr ich mir ein Kind wünsche. Ich habe eigentlich über gar nichts nachgedacht, bis ich schwanger wurde. Damals war ich noch eine Rotznase, das Wichtigste in meinem Leben war Spaß und nicht über Kinder nachzudenken. Ich finde, dass Zeit dabei die Schlüsselrolle spielt. Wichtig ist, wie alt du bist, ob du einen Partner hast, ob du ein Kind planst. Heute würde mir diese Entscheidung viel schwerer fallen. Ein Kind abzutreiben, das vielleicht gewollt und geplant wäre und sich gleichzeitig sterilisieren zu lassen.

Welche Umstände führten zur Sterilisation?

Bei mir war der Grund für die Sterilisation ein angeborener schwerer Herzfehler. Ich könnte unmöglich ein Kind austragen. Auch wenn ich die Schwangerschaft überleben würde, wäre die Geburt ein sehr großes Risiko, nicht nur für mich, sonder auch für das Kind. Wegen dieses Herzfehlers habe ich zu wenig Sauerstoff im Blut und deswegen ist bei mir die Gefahr eines Blutgerinnsels deutlich höher. Deswegen kam die Pille als Verhütungsmittel für mich auch nicht in Frage.

Der Anlass war jedoch eine ungewollte Schwangerschaft. Erst als ich ins Krankenhaus ging, um eine Abtreibung zu machen, haben mich die Ärzte über alle Gefahren, die eine Schwangerschaft mit sich bringen würde, aufgeklärt. Ich weiß nicht, wieso sie mir das nicht schon früher erzählt haben. Die Sterilisation wäre zwar in jedem Fall unausweichlich, es wäre aber anders, wenn ich mich besser darauf hätte vorbereiten können. Andererseits bin ich dankbar, dass alles ziemlich schnell ging.

War es deine Entscheidung, die Sterilisation machen zu lassen, oder hat sie ein anderer getroffen?

Die Entscheidung haben wir eigentlich alle zusammen getroffen. Wenn ich dazu überhaupt Entscheidung sagen kann. Wir haben miteinander geredet. Für mich gab es eben keine andere Lösung. Keine Verhütung ist sicher genug. Ungeplante Ausrutscher (Abtreibungen) können tödliche Folgen für mich haben. Die Ärzte sagten, es gäbe keine andere Möglichkeit und ich habe ihnen zugestimmt.

Sterilisation ist eine sehr intime Entscheidung, die das zukünftige Leben stark beeinflusst. Welche Rolle spielte damals deine Familie? Empfandest du ihre Anteilnahme als zusätzlichen Druck?

Es war auf jeden Fall eine Erleichterung. Na ja, eigentlich nicht gleich. Am Anfang waren die Reaktionen ziemlich heftig, da sie sich neben allem anderen auch noch mit meiner Schwangerschaft und der Abtreibung auseinandersetzen mussten. Sie haben sich jedoch schnell wieder eingekriegt, es blieb ihnen (uns) ja nichts anderes übrig.

Und wie sieht dein Leben nach der Sterilisation aus? Hast du einen Partner?

Aber natürlich habe ich einen Partner. Wir sind seit sieben Jahren ein Paar. Wir haben uns kurz nachdem kennengelernt.

Hast du ihm sofort erzählt, dass du sterilisiert bist und ihr nie Kinder haben werdet, oder hast du gewartet, bis du wusstest, wohin das ganze führt?

Ich habe es ihm sehr früh erzählt. Wenn ich mich recht erinnere, nach vier Monaten. Ich habe es ihm erzählt, weil ich eine aufrichtige Person bin, weil ich wollte, dass er es weiß, und ich ganz einfach verrückt nach ihm und schwer verliebt war. Und in der Zeit ist jeder davon überzeugt, dass die Liebe keine Grenzen kennt. Ich fand, es wäre fair ihm gegenüber, es zu erzählen, und auch ich fühlte mich danach besser.

Auch heute ist das für mich keine so große Sache. Ich weiß, dass er meinetwegen mit mir zusammen ist und ich glaube, dass es auch, wenn ich mit jemand anderem zusammen wäre, so sein würde. Falls nicht, würde ich ihn eben verlassen. Mögliche Gründe für einen Streit und das Ende einer Beziehung gibt es viele. Meistens sind sie völlig banal. Wenn dich jemand liebt, stellt auch das kein Hindernis dar. Und wenn nicht, kann schon eine Kleinigkeit genügen.

Würdest du sagen, dass das einen besonderen Einfluss auf eure Beziehung hat? Und wie ist es mit dem Sex – wie beeinflusst das euer Sexualleben?

Ach, der Sex ist entspannter. Man muss keine „Tage zählen“, aufpassen, Kondome kaufen …

Und die Beziehung … ja, manchmal sind wir schon ein bisschen traurig deswegen. Er erzählt es mir eigentlich nicht. Aber ich weiß, dass es bei beiden solche Momente gibt, in denen wir uns fragen „wie es wohl wäre, Kinder haben zu können“. Ich glaube jedoch, dass wir mit beiden Füßen auf dem Boden stehen und deshalb schnell auf andere Gedanken kommen. Das sind Dinge, auf die wir eben keinen Einfluss haben. Unsere Liebe ist deshalb nicht schwächer geworden, eher umgekehrt.

Wie würdest du diejenigen ermutigen, die den Eingriff vielleicht gerade hinter sich haben oder der Eingriff schon weit zurückliegt und sie sich einfach nicht damit abfinden können?

Ich glaube, dass manche mehr und manche weniger von einer Sache betroffen sind. Es hat mich ja auch getroffen, aber die Zeit heilt alle Wunden. Ich bin generell gesehen keine Person, die sich über ihr Schicksal beklagt. Es ist wichtig positiv zu denken und das muss jeder alleine schaffen. Vielleicht war es mir ein Trost, dass es nicht meine Schuld war, dass ich es nicht so gewollt habe. Es hat mir geholfen, dass mich meine Eltern, die Ärzte und das ganze Umfeld nicht verurteilten. Ich denke jedoch, dass auch bei einer gewollten Sterilisation Vorwürfe und Schuldgefühle fehl am Platz sind, da das kein leichter Entschluss ist, den keiner einfach so trifft. Manche Situationen im Leben können uns dazu bringen, dass wir Dinge nicht als selbstverständlich sehen. Die Welt kann wirklich wieder in hellen Farben erstrahlen, Sie müssen es nur zulassen.

 

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